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Der Furchenzieher

Furchenzieher   Weit hinauf zum Horizont Ziehen die Spuren des Furchenziehers Wie Fäden durch die weltlichen Lebensfelder Über jeden Saum stürzen Fassaden, Kippt gebrochener Glanz Reiz und Tabu der Suchenden In die Täler der umpflügten Erde Die Abgründe fordern Bis die Seelen vor dem Unfassbaren zu blinzeln beginnen Damit aus den Falten der Zeit Im Erdigen Verborgenes mit dem Sinn Zum Saatgut der Erkenntnis keimt: Menschen haben keine Ewigkeit Sondern einander im Sog des Lichts Der Reifung und Vollendung entgegen

Text | Fotografie | Zeichnung: Peter Michael Lupp
Fotomontage: Elke Birkelbach

49°9‘7.931“N 7°20‘13.142“E

Prot. Kirche, Brenschelbach. Westturm „Hornbacher Turm“ (14. Jh.).

Ortsbezogener Bezugspunkt für das poetische Denkbild

Der heilige Bartholomäus war einer der zwölf Apostel, die Jesus auserwählt hatte (Matthäus 10,1–4). Als Missionar zog Bartholomäus durch Armenien und Mesopotamien. Sogar bis Indien soll er gekommen sein und dort eine hebräische Abschrift des Matthäus-Evangeliums hinterlassen haben. Viele Wunderheilungen gehen auf den Apostel zurück, doch er wurde als Christ verfolgt, gefangen und auf grausame Weise getötet. Dem Heiligen wurde bei lebendigem Leib die Haut abgezogen, bevor man ihn ans Kreuz schlug. Und so wird Bartholomäus oft mit einer abgezogenen Haut in beiden Händen dargestellt, etwa in Michelangelos (sogar als Selbstporträt!) Gemälde „Jüngstes Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle.

Der Name „Bartholomew“ (eigentlich ein Jungenname) entstammt armenischen Wurzeln und heißt übersetzt „Sohn von Talmai“ (Furchenzieher). Die hebräische Bezeichnung Talmai bedeutet „reich an Furchen“ und vermittelt der Namensgebung Bartholomew bzw. Bartholomäus im übertragenden Sinne eine Widmung: Ein Mensch, der hinter einer kultivierten Fassade auch eine verborgene erdige – dem Mystischen und Unfassbaren – zugewandten Seite hat, aus der sich sein Urvertrauen nährt.

Auf diese Hintergründe der Namensgebung des heiligen Bartholomäus, dem im Mittelalter die Kirche in Brenschelbach gewidmet war, nimmt das Denkbild im mittelalterlichen Chorraum poetisch und künstlerisch Bezug.